Wie ärgere ich mich effizienter?

Nimmst du dir gute Vorsätze für's neue Jahr? Ich nicht. Wenn ich einen Entschluss fasse, fange ich sofort damit an. Ich will nämlich nicht riskieren, dass meine Motivation mit dem Schnuller im Mund verduftet. Das ist wohl so ähnlich wie wenn du zum Sport willst und dann kommt dir urplötzlich ein Sofa dazwischen. Aber darum geht es jetzt nicht. Also - falls bei dir das Prinzip der guten Vorsätze funktioniert: wieso nicht? Vielleicht könnte das hier dein nächster werden.


Wir alle ärgern uns. Ab und zu. Oder dauernd. Hoffentlich immer weniger.

Es gibt zwei gute Wege, auf ständigen Ärger zu reagieren:

  1. Akzeptiere die Realität
  2. Verändere die Situation (versöhne dich mit dem Nachbarn, verlasse deinen Partner, suche dir eine neue Arbeit...)

Aber es gibt ja noch den Verkehr und die Technik, die (jedenfalls mir) immer mal wieder eine gute Ärgerplattform bieten. Die leider verstorbene Vera F. Birkenbihl kannte einige gute Tricks, um aus Ärgergefühlen einfach «auszusteigen». Gerne teile ich sie heute mit dir. Vera, vielen Dank!

 

Doch zuerst gehen wir noch kurz den Ursachen von Ärger auf die Spur. Wodurch entsteht Ärger?


Die Gedanken

 

Die deutsche Sprache könnte es nicht treffender ausdrücken. Ich ärgere mich (immer selber). Der Ärger entsteht nicht durch die Situation, sondern dadurch, wie du darüber denkst.  

Enttäuschung und Schuldfrage

 

Die Ent-TÄUSCHUNG ist eine Erwartung, die sich als unrealistisch herausstellt. Unrealistisch ist alles, was in der Realität nicht eintrifft. Der Schuldfrage nachzugehen ist beim Ablegen von Ärger wie auch bei der Lösungsfindung sowieso absolut nicht hilfreich, sondern verbraucht nur unnötig Energie.

Misstrauen und Angst

 

Wie oft hast du dich schon vergebens wegen eines simplen Missverständnisses aufgeregt?

 

 

Rechthaberei

 

Jeder, der in einer Partnerschaft lebt, kennt das sicher... manchmal darf man sich ruhig fragen: will ich lieber recht haben oder glücklich sein und sagen «let's agree that we disagree»? Und wie viel von meiner (beschränkten) Lebenszeit will ich für diesen Ärger noch ausgeben?



Nun zu einigen wirkungsvollen Techniken, alle selber getestet:

 

Mutwilliges Freudebereiten

 

Es gibt kaum einen schnelleren Ausstieg aus Ärgergefühlen, als jemandem mutwillig eine Freude zu bereiten. Eine nette Postkarte verschicken, Plätzchen backen, den unbekannten Tischnachbarn zum Kaffee einladen, ein Kompliment machen...

 

Selbsterfüllende Prophezeiung

 

Wie oft hast du schon angenommen, der andere sei fies, hast dich ihm gegenüber entsprechend benommen und bald stellte sich heraus, dass der andere tatsächlich ein fieser Kerl war? Das funktioniert umgekehrt genauso! Geh davon aus, dein Gegenüber sei dein Freund und benimm dich so. Du wirst staunen, was passiert.

 

Halleluja Strategie

 

Wenn dich einer ärgert, wünschst du ihm Gesundheit und ein langes Leben (oder sonst etwas Schönes). Das klingt am Anfang wie der «Münchner im Himmel», der stocksauer auf einer Wolke sitzt und Halleluja brüllt. Aber nach ein paar Wiederholungen stellt sich tatsächlich ein Gefühl der Zuneigung ein (denn deine Seele hört dir ja zu).

 

Verzeihen und Dank empfinden

 

Unsere Gefühle wirken sich auf unseren Körper aus. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Gefühle echt sind, oder ob du sie durch deine Gedanken erzeugst. Schauspieler, die über längere Zeit die Rolle des Bösewichts spielen, kriegen nicht selten körperliche Beschwerden, denn sie «verkörpern» (herrlich, die deutsche Sprache!) eben die gespielten Gefühle. Das heilendste Gefühl für unseren Körper ist das Verzeihen. Ein zweites Gefühl, das fast ebenso heilsam, aber einfacher zu erzeugen ist, ist die Dankbarkeit. Überlege spontan, wofür du gerade dankbar sein kannst.

 

Purer Egoismus als Antrieb ist hier völlig ok, denn es ist unsere eigene Energie und Gesundheit, die wir schützen wollen.

 

Übrigens: viele von uns meinen, dass es Erleichterung bringt, über den erlebten Ärger zu sprechen. Das stimmt nicht. Wie oft entschuldigen wir uns in der Regel? 1 Mal, ja? Und wie oft erzählen wir von unserem Ärgernis? Wenn das Weitererzählen des Ärgernisses tatsächlich zu Erleichterung führen würde, dann bräuchten wir die Geschichte doch auch nur 1 Mal zu erzählen...

 

Meditatives Atmen

 

Atme 2 Schritte ein, 2 Schritte aus, dann 3 Schritte ein, 3 Schritte aus und so weiter, bis du dich nicht weiter steigern kannst. Danach zählst du rückwärts. Einzige Spielregel: du musst dich auf die Aufgabe konzentrieren, denn das bringt deinen Kopf «zum Schweigen».

 

Vertraue dem Universum

 

Beten hat auch etwas Meditatives. Es hat zudem mit Loslassen zu tun, weil wir uns an «etwas» wenden, das grösser ist als wir. Sag ein kurzes Dankgebet oder sende deinen Wunsch ins Universum. Dann lass den Gedanken los und vertraue darauf, dass das Schicksal dir nun schon zu Hilfe eilt. Wichtig ist, dass du deinen Wunsch sehr genau und positiv formulierst.

 

Das Gute im Schlechten

 

Finde irgendetwas an der Person, der du zurzeit böse bist, wofür du dankbar sein kannst (achte darauf, dass deine Gedanken in der Gegenwart bleiben). Was kann ich an dieser Person akzeptieren, respektieren, vielleicht sogar bewundern? Was könnte ich von ihr lernen, wenn ich nicht so damit beschäftigt wäre, sie abzulehnen? Oder uf Bärndütsch: «me cha o vom gröschte Tubu no öppis lehre». Und schon siehst du den «Tubu» in einem völlig neuen Licht.

 

Sprachlicher Ausdruck

 

Statt zu sagen «diese Aufgabe ist bescheuert», kannst du sagen: «ich nehme die Herausforderung an». Oder du kannst erst einmal sagen «ja, wie finde ich denn das?». Das gibt dir Zeit darüber nachzudenken, auf welche Seite des sprachlichen Zauns du dich fallen lassen willst. Ganz deine Entscheidung.

 

Das Relativitätsprinzip

 

Angenommen, ich hätte nur noch eine Woche zu leben: wie würde ich dann entscheiden? Oder wenn ich wüsste, dass dieser Mensch nur noch eine Woche zu leben hat, wie würde ich dann reagieren?


Ich hoffe, du findest mindestens 1 wirksame Technik für dich. Viel Spass beim Ausprobieren!

 

Ich wünsche dir eine ärgerfreie Adventszeit. Und denk daran (Zitat):

«Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt.»

Joachim Ringelnatz