· 

Der rote Faden

Was ist der rote Faden eigentlich?

Der rote Faden zieht den Leser durch den Text wie der gelbe Regenschirm die Gruppe japanischer Touristen durch die Berner Altstadt.

 

Der Leser will mit möglichst geringem Aufwand viel verstehen. Dafür braucht er einen roten Faden - eine gewisse Logik - damit er dir folgen kann und unterwegs nicht verloren geht. Die gängigsten Gliederungshilfen sind:

  • Chronologisch (früher, heute, morgen)
  • Kausalität (Ursache, Wirkung)
  • Hierarchisch (vom Kalb zum Rind zur Kuh)
  • Trichterprinzip (von einfach zu kompliziert)

Wie finde ich den roten Faden?

Als erstes hilft es, vor oder spätestens während des Schreibens zu überlegen. Klingt logisch? Ja. Trotzdem scheint dieser Schritt erstaunlich oft zu fehlen. Nämlich immer dann, wenn keine Struktur erkennbar ist, wenn der Text nicht «vorwärts» geht und du am Ende mehr Fragezeichen auf der Stirn hast als am Anfang und dich nicht erinnerst, worum es überhaupt ging.  

Schritt 1: Ziel definieren

  • Wer sind die Leser / wen will ich ansprechen?
  • Was ist meine Hauptaussage? 
  • Was will ich erreichen? 

Damit hast du eine gute Grundlage gelegt und kannst deine Gedanken sortieren. 

Schritt 2: Abschnitte festlegen

Gliedere deinen Text in Abschnitte und setze passende Überschriften dazu, zum Beispiel: 

  • Ausgangslage
  • Problem
  • Lösung
  • Fazit

Schritt 3: Fliesstext ausarbeiten

Formuliere nun den Fliesstext aus. Stelle dabei sicher, dass der Übergang zum neuen Abschnitt ebenfalls möglichst fliessend passiert. Der Übergang ist meistens dann gut gelungen, wenn du ein Element aus dem letzten Absatz im neuen wieder aufgreifst. Auch folgende Satzanfänge sind ein Zeichen dafür, dass der rote Faden zum nächsten Absatz nicht gerissen ist:

  • Andererseits, trotzdem, im Gegensatz dazu...
  • Deshalb, also, anschliessend...
  • Damit nicht genug...
  • Das beweist...
  • Das ist ein Beispiel unter vielen...

Schritt 4: überarbeiten, überarbeiten, überarbeiten

Streiche Überflüssiges, das nichts zur Hauptaussage beiträgt. Lies deinen Text laut vor. Lass ihn mindestens eine Nacht lang liegen. Lies ihn nochmals. Klingt er stimmig? Ist die Reihenfolge logisch? Was kannst du weglassen? Kannst du noch mehr weglassen? Passt der Fliesstext zur Überschrift? Wiederholst du dich? Lass den Text wieder liegen. Geh spazieren. Dann mach das Gleiche nochmal. 

Übrigens...

Wenn das mit der vorgängigen Gliederung nicht klappt, dann mach dir nichts draus. Fang halt mit dem Fliesstext an und gliedere ihn später. Hauptsache, du machst es!


Weitere Methoden

Arbeite mit Beispielen

Ich bin ein Fan von Beispielen. Beispiele sind handfest und leicht verständlich. Denk dir ein aus dem Leben gegriffenes Beispiel aus, das du mit durch den Text ziehen kannst. Es sollte aber nicht allzu fest an den Ohren herbeigezogen sein. 

 

Nutze eine Dachmetapher

Metaphern sind heikler als Beispiele, weil sie auch verwirren können. Richtig eingesetzt, kannst du aber einen «alten Hut» neu verpacken. Nutze eine Dachmetapher, die möglichst weit weg von deinem eigentlichen Thema ist, sonst verwirrst du den Leser. Beschränke dich auf eine einzige, die du durch den gesamten Text ziehst, aber sei vorsichtig mit der Dosierung, sonst nervt es irgendwann. 

 

Eine Metapher muss aus meiner Sicht handfest sein und aus dem Alltag stammen. So ist sie leicht verständlich. Als überstülpende Metapher eignet sich alles, was einen Zyklus hat, wo etwas ineinander greift, aufeinander aufbaut etc; das gibt deinem Text mehr Bild.  

  • Auto
  • Maurer
  • Wald
  • Kochen
  • Landwirtschaft

Das Auto liefert uns beispielsweise schöne übertragbare Aussagen wie:

  • Auf der Überholspur sein
  • Gas geben
  • Der Lack ist ab
  • Ausgebremst werden
  • In den Rückspiegel sehen
  • usw.

Die Metapher muss ganz natürlich daherkommen, sonst lass es lieber bleiben. 

 

Ein Beispiel (Coiffeur und Kochen): 

Heisse Frisuren zum Jubiläum

Geben Sie Ihrem Aussehen mehr Chili und kommen Sie zu uns ins Atelier Schnittmuster. Bei uns sind heisse Frisuren kein Trend, sondern Tradition. Seit 25 Jahren frisieren wir unsere treuen Kundinnen und Kunden. Das ist ein Grund zum Feiern. 

 

Einladung zum Gala-Abend

Deshalb laden wir Sie ein, am XY unseren Gala-Abend zu besuchen. Sabrina zaubert Ihnen chefmässig eine neue Frisur in 5 Gängen: 

Gang 1: Haare liebevoll waschen

Gang 2: Haare so zurechtschnibbeln, wie Sie es mögen

Gang 3: Haare farblich aufeinander abstimmen

Gang 4: Haare heiss werden lassen unter dem Fön

Gang 5: Haare so anrichten, dass sie zum Anbeissen aussehen

 

Eine rasche Anmeldung lohnt sich

Lassen Sie nichts anbrennen und melden Sie sich bis am XY für den Gala-Abend an. Die Plätze sind beschränkt. Wir haben jede Menge feuriger Zutaten dabei: neuen Puder von Yves Stöckli, dufterregenden Spray von kms und glanzvollen Finish von Goldwell.   

 

Hier habe ich die Einladung eines fiktiven Friseursalons zum Firmenjubiläum unter der Dachmetapher Kochen neu verpackt.