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Arten der Vertragsauflösung - mit und ohne Freistellung

Oft bieten Arbeitgeber dem Mitarbeiter bei einer Kündigung die sofortige Freistellung mit 100 % Lohnfortzahlung an. Dies geschieht in der Hoffnung, dass der Mitarbeiter sich dann nicht krankschreiben lässt und sich das Vertragsende somit nicht hinauszögert. 

 

Doch der Mitarbeiter kann auch bei einer Freistellung arbeitsunfähig werden und dann löst dies genauso eine Sperrfrist aus. 

 

Ob eine Sperrfrist zum Tragen kommt und sich somit das Arbeitsverhältnis verlängert, hängt also nicht von der Freistellung ab, sondern davon, von wem der Wille zur Vertragsauflösung ausgeht. 

 

Es gibt drei mögliche Szenarien für die Vertragsauflösung.

 

Kündigung durch den Mitarbeiter

Dieses Szenario ist rechtlich unumstritten und für den Arbeitgeber am günstigsten. Der Mitarbeiter kündigt von sich aus und verlässt den Betrieb nach Ablauf der Kündigungsfrist. Der Mitarbeiter darf auch kündigen, währenddem er arbeitsunfähig ist, denn er möchte ja aus eigenem freiem Willen gehen. 

 

Arbeitgeber und Mitarbeiter müssen lediglich noch ein paar administrative Dinge zusammen regeln, beispielsweise ob bzw. wann ein allfälliger Ferien- und/oder Zeitsaldo noch bezogen wird. 

 

Kündigung durch den Arbeitgeber - mit oder ohne Freistellung

Kündigt der Arbeitgeber, ist das eine ganz andere Sache. Selbst, wenn du deinen Mitarbeiter schon mehrmals verwarnt und vielleicht sogar mit der Kündigung gedroht hast, wird er vermutlich dennoch überrascht sein, wenn die Kündigung dann tatsächlich ausgesprochen wird. 

 

Du darfst dich dann darauf gefasst machen, dass er zum Doktor rennt und sich krankschreiben lässt. Das löst dann eine Sperrfrist (zeitlicher Kündigungsschutz) aus, die unterschiedlich lang ist, je nachdem, seit wann der Mitarbeiter schon bei dir arbeitet. Sobald die Sperrfrist abgelaufen ist, fängt erst die Kündigungsfrist an zu laufen. Sobald diese abgelaufen ist, schiebt sich das Vertragsende noch auf das Monatsende des betreffenden Monats hinaus. Erst dann ist der Mitarbeiter nicht mehr auf deiner Lohnliste. 

 

Dieses «Spielchen» kann der Mitarbeiter unter Umständen bis zu zwei Jahren mit dir treiben, weil nämlich jede neue Krankheitsursache eine neue Sperrfrist auslöst. Erst wenn die Krankentaggeldversicherung nicht mehr zahlt, ist der Fall für dich abgeschlossen und der Mitarbeiter muss sich bei der Arbeitslosenversicherung anmelden. 

 

In der Hoffnung, eine Krankschreibung umgehen zu können, stellen manche Arbeitgeber ihre gekündigten Mitarbeiter bei voller Lohnzahlung von der Arbeit frei. So muss der Mitarbeiter nicht «einen auf krank machen», nur weil er dein Gesicht nicht mehr sehen oder sich vor den anderen Mitarbeiter nicht schämen will.

 

Die Freistellung ist jedoch keine Garantie dafür, dass der Mitarbeiter krankheitsfrei der unfallfrei bleibt. Sie kann höchstens das Risiko mindern, dass sich der Mitarbeiter beispielsweise aus psychischen Gründen krankschreiben lässt. 

 

Wenn du dich für eine Freistellung entscheidest, kostet dich das natürlich was. Nämlich 100 % Lohn für null Arbeit und zwar während der gesamten Kündigungsfrist. Das zahlt dir keine Versicherung. 

 

Wird der Mitarbeiter in der Kündigungsfrist tatsächlich krank, lohnt es sich zu prüfen, ob es sich um eine arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit handelt, denn dann greift die Sperrfrist nicht. Somit läuft in diesem Fall die Kündigungsfrist ganz normal ab, du meldest den Fall deiner Krankentaggeldversicherung und du zahlst dem Mitarbeiter die Lohnfortzahlung bei Krankheit. 

 

Ich empfehle dir, die Lohnfortzahlung bei Krankheit und Unfall vertraglich auf 80 % zu setzen. Denn wenn du 100 % zahlst, hat der Mitarbeiter ja keinen Anreiz, sich nicht nicht krankschreiben zu lassen und dir so bei vollem Lohn noch etwas länger auf der Tasche zu liegen. 

 

Auflösung in gegenseitigem Einvernehmen - mit oder ohne Freistellung

Wenn du von vornherein davon ausgehst, dass der Mitarbeiter sich nach der Kündigung krankschreiben lässt und du das verhindern möchtest, kannst du ihm auch die Vertragsauflösung in gegenseitigem Einvernehmen anbieten. 

 

Ein Aufhebungsvertrag kann mit oder ohne Freistellung gestaltet werden. Eine solche Vereinbarung ohne Freistellung unterschreibt ein Mitarbeiter jedoch nur, wenn sie in seinem Interesse liegt.

 

Ich gehe bei meinen weiteren Ausführung davon aus, dass du eine Kündigungsabsicht hast und den Mitarbeiter dazu bringen möchtest, statt der Kündigung eine Vereinbarung in gegenseitigem Einvernehmen zu unterzeichnen. 

 

Damit er das tut und damit die Vereinbarung im Nachhinein rechtlich nicht anfechtbar ist, musst du ein paar Regeln beachten. 

  • Der Mitarbeiter muss freiwillig unterzeichnen.
  • Du darfst ihn nicht unter Druck setzen (Bedenkfrist geben und keine negativen Konsequenzen androhen, wie beispielsweise ein schlechtes Arbeitszeugnis). 
  • Du musst ihm einen Interessensausgleich anbieten. Was heisst das?

Der Mitarbeiter verzichtet mit der Unterzeichnung eben genau auf die Schutzrechte, die eine Sperrfrist ihm bietet (Verlängerung des Arbeitsverhältnisses mit Lohnfortzahlung). Das muss irgendwie anders aufgewogen werden. Beispielsweise durch:

 

  • Freistellung mit 100 % Lohnfortzahlung 
  • Verzicht auf Verrechnung allfälliger Minusstunden
  • andere finanzielle Entschädigung
  • Verzicht auf ein vertraglich vereinbartes Konkurrenzverbot 
  • etc. 

 

Das Mass des Interessensausgleichs entscheidet darüber, ob ein im Nachhinein durch den Mitarbeiter angefochtener Aufhebungsvertrag rechtlich bestandhält oder nicht. 

 

Warum sollte ein Mitarbeiter überhaupt eine Aufhebungsvereinbarung unterzeichnen?

 

Um dem Mitarbeiter eine solche Vereinbarung schmackhaft zu machen, muss er die Vorteile sehen. Einer dieser Vorteile ist die Freistellung bei 100 % Lohnfortzahlung. 

 

Wenn du aber im Betrieb die Regelung hast, dass du bei Arbeitsunfähigkeit sowieso 100 % Lohnfortzahlung gewährst, hast du diesen Vorteil bereits verspielt. Denn dann erreicht der Mitarbeiter mit einer Krankschreibung ebenfalls 100 % Lohn für null Arbeit - nur eben für eine längere Zeit. 

 

Rein rechtlich mag dieses Angebot vielleicht ausreichen, aber betrachtet der Mitarbeiter die Lage rein rechnerisch, verschafft ihm die Krankschreibung eine bessere finanzielle Sicherheit. 

 

Klar, so einfach kommt der Mitarbeiter mit einer Krankschreibung auch nicht durch. Du würdest ihn natürlich zum Vertrauensarzt schicken und abklären lassen, ob es sich dabei um eine arbeitsplatzbezogene Arbeitsunfähigkeit handelt. Aber wenn du generell eine Lohnkürzung bei Arbeitsunfähigkeit machst, hast du taktisch gesehen von Beginn an die besseren Chancen, dass dein Freistellungsangebot Anklang findet. 

 

Weitere Argumente: 

  • Im Arbeitszeugnis steht dann als Austrittsgrund anstelle der Kündigung die Vertragsauflösung in gegenseitigem Einvernehmen, was sich positiver auf die zukünftigen Bewerbungen auswirkt. 
  • Viele Mitarbeiter befürchten, dass sie von der Arbeitslosenversicherung abgestraft werden, wenn sie eine solche Vertragsauflösung unterzeichnen. Beim RAV kommt aber nicht in erster Linie darauf an, wer den Vertrag auflöst, sondern aus welchem Grund. Einstelltage aufgrund von selbstverschuldeter Arbeitslosigkeit brummt das RAV dem Mitarbeiter nur dann auf, wenn er eine zumutbare Stelle selbst kündigt und dann keine neue Stelle findet. Kann der Mitarbeiter aber glaubhaft machen, dass ihm die Weiterarbeit bei dir schlicht nicht zugemutet werden konnte, hat er nicht mit Einstelltagen zu rechnen. Die Einzelfallbeurteilung liegt beim zuständigen Mitarbeiter des RAV.